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Michael Kuhn – Arguing about theories and political opinions

Lokale Kriege im ‘Nahen Osten’ in Zeiten des Kampfes für eine neue Weltordnung                    

Skizze einer (etwas anderen) Erklärung dessen was da in dem was hier Naher Osten genannt wird abläuft. Um zu verstehen was da passiert, ist es sehr hilfreich mal kurz auf den Krieg in der Ukraine zu blicken, weil die mit dem Krieg in der Ukraine praktisch gemachte Infragestellung der Weltkriegsordnung nach Weltkrieg II durch Russland, China etc. die sehr praktische Sicht aller Beteiligten, allen voran den der USA und seiner Allianz, sprich NATO, auf die lokalen Kriege, auch wie den rund um Israel, verändert hat – mit Konsequenzen bis hinein in den Krieg in Gaza.    

Dort, in der Ukraine, geht es Russland darum, das seit Weltkrieg II gültig globale Gewaltmonopol der USA zu brechen, weil dies auf dem Weg war, die seit seiner Rückkehr zum Kapitalismus erwachten Weltherrschaftsambitionen Russlands niederzumachen. Russland im Verein mit Staaten, die sich ansonsten als die ganz normalen Konkurrenten um Macht für ihre lokalen oder weltweiten Herrschaftsprojekte behandeln, und die sich für das von ihnen geteilte Projekt, genannt multipolare Welt zusammengetan haben, allen voran China und Indien, sind dabei die Welt neu zu sortieren. Andere Staaten wie z.B. der Iran, Brasilien oder auch Nordkorea, sehen in dieser Staatenallianz die Chance, sich vom Diktat der USA zu befreien und für eigne, ihnen nicht von den USA diktierten nationalen Zielen in die Weltpolitik einzusteigen, um sich in die kapitalistisch durchorganisierte Welt für ihren nationalen politischen wie ökonomischen Nutzen einzumischen. Die USA und ihre Staatenallianz, allen voran die Europäer, vereint in dem Militärbündnis namens Nato, das bis dato weltweit darüber entschieden hat, wer mit wem, gegen wen und wofür Krieg führen darf, geht natürlich gegen die Bestreitung seines weltweiten Gewaltmonopols über die Staatenwelt vor. In der Ukraine, indem es deren nationale Interessen für ihre nationale Souveränität, die ihr von Russland gerade bestritten wird, benutzt, um die Weltmachtambitionen Russlands und anderer ähnlich ambitionierten Staaten am Aufbau jener multipolaren Weltordnung, zu hindern. 

Der Krieg um Israel herum, und nicht nur der, wird hierdurch, durch diese mit dem Krieg in der Ukraine aufgemachten Frage, wie die zukünftige Weltordnung der Staatenwelt aussehen soll,  zu einer lokalen Abteilung der Verhinderung dieses Projektes einer multipolaren Welt, angeführt von Russland und China und von Indien. Sowohl mit dem Krieg in Syrien, in dem Russland die Beseitigung eines Störenfrieds des Westens bei der ansonsten sehr erfolgreichen Eingliederung der gesamten arabischen Staatenwelt, allen voran mit der Gewinnung von Saudi-Arabien, unter das Kommando des Westens, erfolgreich verhindert hat und damit in dieser Gegend seine Weltmachtambitionen etabliert hat, als auch mit der neuen Allianz Russlands mit dem Iran, der den Herrschaftsprojekten des Westens seine Ambitionen eines islamisch regierten regionalen Herrschaftsprojektes entgegenstellt,  mit diesen beiden Projekten hat Russland in diesem Teil der Welt begonnen, sein Projekt einer multipolaren Weltordnung  in die Tat umzusetzen und damit für den Westen mit dem Krieg in der Ukraine den lokalen Kriegen im Mittleren Osten  eine neue Bedeutung verliehen, die dem Westen zeigt, wie ernst es Russland um sein Aufmischen der Nachweltkriegsordnung II über die Staatenwelt ist.    

So hat der Iran nun mit Russland im Rücken für seine Ambitionen einer islamischen Staatenwelt  auch das Projekt der politischen Gruppe, genannt Hamas, die in Gaza das Kommando über die dortigen Leute hat und die, schräg genug im Angesicht dessen, was all die Kriege zwischen Staaten für die Leute  bedeuten,  meint, die Gründung  just eines solchen Gewaltapparates namens Staat  im Krieg mit anderen Gewaltmonstern derselben Gattung wäre das, was die Leute unbedingt bräuchten und wofür sie dann prompt die mit einem solchem politischen Monstrum zu beglückenden Leute  in den für eine Staatsgründung schon immer notwenigen Staatsgründungskrieg ( siehe die Staatsgründung Israel) samt seiner Leichenproduktion reinzwingen,   der Iran sieht für seine regionalen Machtambitionen einer islamischen Staatenwelt in dieser Weltgegend  dieses Projekt der Hamas, mit einem zu etablierenden islamischen palästinensischen Staat mit der Unterstützung Russlands im Rücken, übrigens im Unterschied zu der anderen Fraktion, der Fatah, die für ihr Staatsgründungsprojekt mehr der Marke West auf die USA setzen, als Gelegenheit für sein islamisches Staatenprojekt  und unterstützt deswegen dieses Hamas-Projekt eines islamischen Palästinenser-Staates. Man sieht schon an diesen unterschiedlichen Kalkulationen zwischen der Fatah und Hamas, dass Staatsfreaks hinsichtlich der Wahl der staatlichen Unterstützer ihrer Staatsgründungsprojekte  und erst recht was deren ideologischen Überbau betrifft, der vor allem für die politische Unterstützung durch die Untertanen ihrer Staatsprojekte kalkuliert ist, ziemlich flexibel sind ( von wegen ethnische Entitäten und so), auch schön daran zu studieren, wie aus der Türkei und Syrien aus Erzfeinden im Lichte der neuen Weltlage ganz schnell wieder beste berechnende Freunde werden. Und auch die Hamas hätte null dagegen, wenn die USA ihr Staatgründungsprojekt unterstützen würde. Dies tun sie aber in dieser neuen Weltlage (solange) nicht (mehr), wie der Hamas’sche Palästinenser Staat ein Projekt ist, das mittels der Allianz Russland/Iran das Weltmachtprojekt Russlands voranbringt.           

Auch für Israel ändern sich die Dinge durch die neue Behandlung seiner Kriege als Bestandteil der neu aufgemachten Weltmachtkonflikte in Richtung Weltkrieg III und Israel versucht, für sich das beste draus zu machen. Erstens hat Israel sehr schnell kapiert, dass es nun in die verantwortungsvolle Position geraten ist, für die USA in der Gegend nicht weniger als deren Weltmachtposition im Middle East nun gegen die Weltmacht – Ambitionen der Russland/ Iran Connection mit China dahinter durchzusetzen. Die bisherigen Rücksichtnahmen auf die Bemühungen der USA, die arabische Welt zum Teil ihrer Weltbeherrschung zu machen, bedient Israel mit allzu offenkundigen verbalen Bekenntnissen, auf die es in seinem praktischen Vorgehen für die Durchsetzung seiner nationalen Ambitionen in Sachen der Komplettierung seines Staatsgründungsprojektes mit einem diplomatischen Augenzwinkern Richtung Westen für jedermann erkennbar und allseits akzeptiert praktisch pfeift – und von diesem all die Waffen und politische Unterstützung erhält, weil aus dessen Sicht das was Israel macht nun die Verhinderung der Etablierung der Russland/Iran connection geworden ist.  Der Rest ist mit all den Erinnerungen an völkerrechtliche Gepflogenheiten beim Abräumen aller Feinde Israels von allen Seiten geteilte diplomatische Begleitmusik für die arabischen Freunde der USA, für das sie Israel nicht nur mit Waffen ausstatten, sondern mit ihrem Militärapparat vor Ort gemeinsam mit Israel militärisch durchsetzen, weil sie diese sowieso auf ihrer Seite haben. Auf dieser Basis kann Israel der Durchsetzung seines nationalen Staatsprogramms gegenüber denjenigen, die nun in den Augen der USA alle Hilfskräfte der neuen multipolaren Weltmachtordnung  geworden sind, mit derselben Konsequenz in Sachen wen sie da alles schon immer bei ihrem Staatsprojekt als Feind im Auge hatten, will sagen alle umliegenden Staaten mit ihren störenden Gewaltapparaten, attackieren und ausschalten, und dies jetzt erst Recht den Iran nun als Kompagnon von Russlands multipolarer Weltordnung ; das ganze immer westlich kommentiert als für Israel drohende Ausweitung eines Vielfrontenkrieges, den Israel aufmacht, also der Sorge Ausdruck verliehen, ob sie das denn alles auch erfolgreich hinkriegen.  Und auch die Art der israelischen Kriegsführung zeugt von der neuen Mission, die Israel, nun im Interesse der westlichen Welt kämpfend, uneingeschränkt auf seiner Seite weiß: Kriegsrechtsverletzungen kriegt Israel täglich von seinen Freunden und von der UNO serviert und versteht diese Mahnungen wie sie jedenfalls von Seiten des Westens gemeint sind: weiter so, aber bitte beim Niedermachen aller die Israel schon immer im Visier hatte bitte nicht die globale Mission aus den Augen verlieren. Das kriegen sie dann schon hin, wenn sie immerzu durchsprechen, wann was und womit im Iran und sonstwo alles zusammengeschossen werden soll, das wird alles bis ins kleinste Detail beraten und sogar der hiesige Konsument von westlicher Presse etc wird dabei bis ins Detail meist sogar vorab informiert und darf auch an der Feier über die gekillten Feinde, die alle „Terroristen“ sind, teilhaben.            

Die Richtigstellung von Netanjahu gegenüber Macron, das Israel seine Existenz dem Blut der Märtyrer im Krieg gegen seine Feinde und nicht der UNO verdankt , stellt klar was die Politik Israels in seinen aktuellen Kriegen leitet und worauf diese abzielen.  Dass heutzutage Krieg und sonst gar nichts zählt und schon gar nicht die Uno mit ihren Ideen eines Zusammenlebens von staatlichen Gesellschaften, die eine nicht mehr zeitgemäße Idee der Nachkriegsweltkrieg II ist, ist eine voll geteilte Sicht des kompletten Westen auf die Welt: siehe wieder der Ukrainekrieg mit seiner Mission, die Infragestellung der westlichen Weltordnung durch Russland mit Krieg kompromisslos niederzumachen. Frieden ist Einknicken vor dem Feind und gehört als Idee mit alle Sorten von Krieg bekämpft.  Krieg gefeiert als guter Grund für alles macht deutlich, dass Israels Ziel sich in seinen Kriegen  in einer Mission der herrschenden Weltordnung sieht und sich in den Diensten am Erhalt dieser Weltordnung  als  den alle anderen Staaten beherrschenden Staat in der Region einzurichten gedenkt, der keinerlei andere Staaten in der Region duldet, die über  Gewaltmittel verfügen, die diese Herrschaft in Frage stellen könnten. 

Die durch keinerlei Vorbehalte der USA für deren Rücksichtnahme auf die arabischen Staaten eingeschränkte Durchsetzung des Staatsgründungsprozesses Israel  nimmt seine Weg mit dem Niedermachen der Hamas sowie der Einwohner in Gaza und im Westjordanland, ein Niedermachen, gegenüber dem Vertreibungen geradezu harmlos wirken, weil die Leute da ja am Leben gelassen werden. Israel ist da radikaler, indem es die zu menschlichen Schutzschilden definierten Einwohner Gazas flächendeckend wegbombardiert und dazu alle für die Existenz der Einwohner notwenige Infrastruktur von Wohnhäusern, über Krankenhäuser bis zur Wasserleitung systematisch kaputt bombardiert. Die Einvernahme der Bewohner von Gaza, ohnehin alles Flüchtlinge vorheriger Kriege Israels, als Bürger  des israelischen Staats steht jedenfalls nicht auf dem Programm Israels. 

Der Gegenseite, den Opponenten Israels, verschließt sich die Idee, dem mit religiösem Fanatismus konstituierten Gewaltmonopol eines Staates namens Israel ein anderes Modell von Politik entgegenzustellen, das aus der Gewaltlogik von Staaten ausbricht und die Lebensinteressen der Leute zum leitenden Zweck von Politik macht, eine solche Idee verschließt sich den Opponenten Israels in ihrem Gefangensein in der auf beiden Seiten herrschenden mittelalterlich religiösen Logik, Krieg mit dem Krieg von heldenhaften Märtyrern in religiöser Mission zu beantworten, für die alle materiellen Lebensinteressen nichtig sind.    

Dass daher das alte Projekt im Middle East, genannt Zweistaatenlösung, also  eines Nebeneinander von religiös definierten Staaten, also politischen Gewalten, die mit dieser Definition hinter die Idee von bürgerlichen Staaten zurückfallen, und die dank ihrer per Gewaltmonopol definierten Souveränität und ihrer ökonomischen Ratio, für die jede nationale Grenze schon ökonomisch eine  zu überschreitende Abgrenzung  ist, die dann auch noch durch die Demarkationen ihrer exklusiven religiösen Staatsräsons die Nachbarländer als Infragestellung ihrer Staatsräsons sehen müssen,   dass das nebeneinander solcher Gewaltmonopole nur durch eine drittes gewaltiges Gewaltmonopol zu erzwingen geht, ist ebenso offensichtlich  wie daß angesichts der neuen Zuordnung dieser Staatsprojekte zu Parteien in den globalen Konflikten über eine neue Weltordnung deren Verfolgung unter den Bedingungen einer neu aufgemachten Weltordnung der Staatenwelt, dass  das alles vor allem zunächst einmal das Verheizen der Leute für diese lokalen Staatsgründungsprojekte ist. Das gilt für die Kriege rund um Israel wie für die Ukraine und sonstwo. Die großen Weltmachtkonkurrenten lassen die lokalen Mächte ihren job machen, besorgen die Waffen und lassen die Leute der lokalen Staaten, in und um Israel wie in der Ukraine, für ihre großen Weltmachtprojekte bluten. (Vorbildlich hier wieder die USA, die nicht verstehen wollen, warum die Ukraine den Militärdienst nicht wie sie selber einst in Vietnam ab 18 vorschreibt.) 

Bis es dann doch mal zur eigentlichen Sache geht und die heißt Weltkrieg III.      

Nachtrag: Na klar kann man auch wenn man über den Krieg in Gaza etc nachdenkt, über das was Staaten, Souveränität, Staatsräson etc. sind und überall diesen sehr grundsätzlichen Kram nachdenken und streiten. Ob dieser Streit über diese sehr allgemeinen theoretischen Grundlagen einem hilft, zu verstehen was da z.Zt. rund um Israel abläuft, nun ja. Aber klar, ohne diese grundlegenden Sachen geht’s auch nicht.


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